02.04.2024 / Frank Baier

Aspekte für Print-Erfolge

Welche Meinung haben Industrie und Handel von Print? Die Antwort auf diese Frage hat die Beratungsgesellschaft Simio in einer Studie eruiert.
 
Verfasser der Analyse sind Jürgen Burger und Thomas Wehlmann vom unabhängigen Simio-Beratungs- und Analysten-Team, die eine hohe Expertise in der Produktkommunikation aufweisen und einst aus Druckereifamilien stammen. Hinter der Studie steht ideell Werk II/priint Group; das Unternehmen offeriert Multichannel-Publishing-Software. Weitere Initiatoren der Studie sind der Medienherstellungsbetrieb Laudert, das Data Leadership-IT-Haus Parsionate und der Datenmanagement-Spezialist SDZeCOM.
 
Handel und Industrie im Fokus
Grundlage der Studie sind persönliche Interviews und eine umfassende Online-Umfrage, die sich mit Fokus auf Geschäftsführer, Marketingleiter und Produktmanager in Handel und Industrie erstreckt. Bei der Betrachtung stehen Printprodukte – etwa Kataloge, Broschüren, Produkt-Flyer, Preislisten, Datenblätter, Direct Mailings, Etiketten und Verpackungen –, nicht jedoch Print-Konsumgüter wie z.B. Bücher, Zeitungen, Zeitschriften oder Postkarten im Fokus. Analysiert wird die Entwicklung der Wahrnehmung von Printmedien in der heutigen Zeit und festgestellt, dass viele Kommunikationsverantwortliche das Medium Print als veraltet und nicht mehr zeitgemäss betrachten. Offenbar widerspiegeln aktuelle strategische Entscheidungen von Unternehmen wie z.B. im Möbel-/Einrichtungs- und im Lebensmittel-Handel nach Simio-Recherchen diese Meinung. Letztlich würde aber diese Wahrnehmung nicht am Printprodukt selbst liegen, sondern am veränderten Erfordernis, dass man Informationen individuell auf die Bedürfnisse der Kunden abstimmt.
 
Optik, Haptik, Olfaktorik, Akustik

Informationen der Autoren zufolge, seien die „Kundendaten der Schlüssel des Erfolges für Printprodukte im Medienmix. Die im richtigen Moment platzierte Print-Botschaft kann zum Auslöser einer Kaufentscheidung oder neuen Kundenbeziehung werden“. Besonders die multisensorischen Wirkdimensionen von Print, wie Optik und Haptik, Olfaktorik und Akustik – denken wir an die Haptik des Materials, den Duft von Lacken, das Klangbild des Papiers –, können das Marken- und Produktimage auf emotionaler Ebene verstärken. Aufwertungen von Printprodukten per QR-Codes, Soft-Links oder AR-Anwendungen offerieren neben weiteren Informationen auch Multimedia-Inhalte wie z.B. Animationen, Videos oder interaktive Applikationen.
 
„Print bietet eine Oase der Ruhe“
Gleichwohl wird in der Studie die Bedeutung der Customer Journey beleuchtet und betont, dass die Bewertung eines einzelnen Medienkanals innerhalb der Customer Journey nicht ausreiche. Stattdessen gelte es, die Wirkung einzelner Touchpoints im Zusammenspiel mit anderen Medienkanälen zu berücksichtigen, um den Gesamteindruck aus Kundensicht zu optimieren. Digitale Inhalte geraten schnell aus dem Blickfeld, indem man sie spontan per Mouseklick entfernt. Wiederum wird die Verweildauer gedruckter Materialien durch ihre Präsenz im räumlichen Umfeld beeinflusst. Folglich wird ein Katalog mal auf dem Couchtisch abgelegt oder ein Mailing mal an den Kühlschrank gepinnt. Jürgen Burger und Thomas Wehlmann sagen: „Wiederholte Wahrnehmung erinnert die Leser kontinuierlich an den Inhalt und die Botschaft der gedruckten Publikation.“ Printprodukte bieten ihrer Ansicht nach „eine Oase der Ruhe und Nachhaltigkeit, ermöglichen eine vertiefte, bewusste Auseinandersetzung mit Inhalten und schaffen eine Erinnerung, die über das flüchtige Scrollen auf Bildschirmen hinausgeht“.
 
Digitalisierung als Voraussetzung
Mehrere interessante Trends zeigen die Ergebnisse der Online-Umfrage. Potenzial in der Prozessautomatisierung bei der Print-Publikationserstellung wird bei 90 Prozent der Befragten gesehen. Die Akzeptanz von PDF-Publikationen hängt von der Zielgruppe und der Vertriebsplattform ab. Die Digitalisierung stellt eine Voraussetzung für die wirtschaftliche Printproduktion dar: Database Publishing verknüpft Layoutvorlagen (Templates) mit strukturierten Datenquellen, sodass dadurch idealerweise komplette Print-Dokumente vollautomatisiert entstehen. Programmatic Printing erlaubt die automatisierte Herstellung individueller Printprodukte (Direct Mailings, Kataloge usw.) und deren postalische Zustellung laut Geomarketing-Strategie.
 
Zeitpunkt der Customer Journey

Offenbar kennen nur 54 Prozent der Befragten den Informationsbedarf ihrer Zielgruppe. Nur 33 Prozent setzen Cluster-Broschüren für eine individuellere Kundenansprache ein. Die Studie verdeutlicht, dass Print in der heutigen Kommunikationslandschaft jedoch weiterhin Relevanz hat, jedoch eine Anpassung an die individuellen Bedürfnisse der Zielgruppen und die Integration in eine ganzheitliche Customer Journey erforderlich ist. Wichtig ist auch die Auswahl des richtigen Zeitpunkts in der Customer Journey: Demnach können Touchpoints nach Meinung der Autoren eine besondere Broschüre bei Akquisition eines neuen Kunden, ein personalisierter Katalog während des Kaufprozesses oder mal ein hochwertiges Print-Werbemittel nach Vereinbarung eines guten Geschäfts darstellen. „Chancen von Print im Kommunikationsmix werden unterschätzt und viel zu wenig genutzt“, ziehen Jürgen Burger und Thomas Wehlmann ein Resümee. Wenn diese Herausforderungen bewältigt werden, kann Print zu einem wirksamen Botschafter in der Marken- und Produktkommunikation werden.
 
Frank Baier
Chefredaktion bindereport
 
02.04.2024 Frank Baier Chefredakteur «Bindereport»